Nokia Siemens: Willkürliche Ungleichbehandlung durch IG-Metall Vereinbarung?
Die IG Metall hat für ihre Mitglieder, die die Firma Nokia Siemens Networks (NSN) verlassen und in eine Transfergesellschaft wechseln, Privilegien ausgehandelt. Die Gesellschaft soll die Mitarbeiter weiterbilden und in neue Jobs bringen. Darüber hinaus hat die Gewerkschaft ausgehandelt, das die Mitglieder 80 Prozent ihres bisherigen Gehalts bekommen inklusive einer Abfindung eines Jahresgehalts plus 10.000 Euro. Nicht-Gewerkschaftler hingegen erhalten beim Wechsel in die Transfergesellschaft lediglich 70 Prozent und als Abfindung "nur" ein Jahresgehalt.
Richard Giesen, Professor für Arbeits-, Sozialrecht und Bürgerliches Recht an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) spricht in diesem Zusammenhang von einer "Riesenschweinerei". Er sieht darin eine willkürliche Ungleichbehandlung, die vor Arbeitsgerichten wahrscheinlich keinen Bestand habe. Auch Volker Rieble, Professor an der LMU und Gründungsdirektor des Zentrums für Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht stellt den Erfolg bei einer Gleichbehandlungsklage in Aussicht. Besonders die hohe Differenz bei den Abfindungen könnte die Arbeitsgerichte stören, so Rieble.
1967 wurde erstmals über Extra-Zahlungen für Gewerkschaftsmitglieder geurteilt. Damals wurden jegliche Sonderleistungen mit dem Argument abgelehnt, Boni würden die Arbeitnehmer unter Druck setzen, einer Gewerkschaft beizutreten. 2009 hingegen urteilte das Bundesarbeitsgericht anders. Die Klage einer Pflegerin gegen Sonderzahlungen von 535 Euro brutto für Verdi-Mitglieder wurde mit der Begründung abgeschmettert, die Klausel übe aufgrund des geringen Betrags keinen "unzulässigen Druck" aus.
Man sei seinen Mitgliedern gegenüber verpflichtet, sagte Münchens IG-Metall-Chef Horst Lischka. Wenn sich durch die Arbeit der Gewerkschaft auch die Bedingungen für Nicht-Mitglieder verbessere sei das schön, dies sei aber nicht das Ziel einer Gewerkschaft. Man habe monatelang gepredigt, dass durch einen Beitritt in die Gewerkschaft ein besseres Ergebnis möglich gemacht werden könne, sagt Lischka. Darüber hinaus sei es durchaus üblich, dass von Gewerkschaften verhandelte Verträge nur für die Mitglieder verbindlich sind.
Weil Arbeitgeber aber gern verhindern wollen, das zu viele Mitarbeiter einer Gewerkschaft beitreten, werden Tarifverträge üblicherweise für die ganze Belegschaft übernommen. Aufgrund dessen zahlt sich bei normalen Tarifverhandlungen ein Gewerkschaftsbeitritt für viele Beschäftigte nicht aus. Für die Gewerkschaft hingegen hat sich der Einsatz bei NSN gelohnt: 800 neue Mitglieder sind seit Beginn der Krise beigetreten.