Infoscore: Zweifelhafte Bonitätsbewertungen bei Bertelsmann-Tochter
Die zum Bertelsmann-Konzern gehörige Tochtergesellschaft Infoscore Consumer Data GmbH (ICD), eine Tochter der Tochter der arvato AG, steht in der Kritik. Das Unternehmen, eine der größten Auskunfteien in Deutschland trifft nach Informationen des Radiosenders NDR Info Aussagen über die Bonität von Konsumenten auf der Grundlage veralteter und geschätzter Daten.
Der baden-württembergische Datenschutzbeauftragte Jörg Klingbeil kritisierte darüber hinaus das ein mathematisch-statistisches Verfahren, dem sogenannten Scoring, zur Bonitätsermittlung angewendet wird in dem fehlenden Angaben geschätzt werden und anschließend wie Tatsachen gehandelt werden: "Wenn ich etwas nicht weiß, dann sollte ich lieber dazu schweigen und solche Nichtinformationen nicht zum Gegenstand einer Bewertung machen, durch den für den einzelnen Betroffenen doch viel abhängen kann." so Klingbeil gegenüber dem NDR.
Für die Betroffenen kann ein schlechter Scorewert unter Umständen bedeuten, dass er weder Waren auf Rechnung bestellen kann noch einen Handyvertrag bekommt. Fehlen in den Unterlagen der ICD zum Beispiel Angaben über die Wohndauer, so wird nach Recherche des NDR meist vom schlechtesten Wert ausgegangen.
So wurde gegenüber einem Versandhandelsunternehmen für eine 50-jährige Frau aus Köln eine negative Bonitätsauskunft erteilt. Ihr Alter wurde aufgrund ihres Vornamens und aufgrund des fehlerhaft angenommenen Alters ihres Wohnhause auf unter 30 geschätzt. Zusammen mit weiteren fehlende Angaben führte dies dazu, dass ihre Bonität mit der schlechtesten Punktzahl bewertet wurde. Als Folge wurde die Frau bei einem Online-Versand um Vorauszahlung gebeten.
Das Unternehmen mit Hauptsitz in Baden-Baden rechtfertigt seine Praxis mit dem Verweis auf "Analysen", die ergeben haben, dass "Personen, deren Wohndauer nicht bekannt ist, ein schlechteres Zahlungsverhalten aufweisen als solche, deren Wohndauer bekannt ist." Das selbe gilt angeblich für das Geburtsdatum: Menschen, die ihr Alter nicht angeben, hätten "statistisch gesehen", eine schlechtere Zahlungsmoral.
Bereits vor drei Jahren wurden Auskunfteien durch die Bundesregierung massiv kritisiert. Nach einer Studie des Verbraucherministeriums ist jede zweite Bonitätsbewertung fehlerhaft. Verbraucher haben seit 2010 das Recht, bei den Auskunfteien einmal pro Jahr kostenlos eine Auskunft über ihre Bonitätsbewertung einzufordern inklusive aller zu Grunde liegenden Daten.
http://www.ndr.de/info/programm/sendungen/reportagen/infoscore101.html