BAMF-Skandal: gefälschte Flüchtlings-Pässe und arrogante Führungskultur
Schwere Kritik an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF): Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft wirft dem BAMF vor, "vieltausendfach" auf eine Identitätsprüfung von Asylbewerbern verzichtet zu haben. Der Bayrische Innenminister erklärte, seine Fahnder hätten Identitätsfälschungen zu "einem erheblichen Anteil" entdeckt und der Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg will 18 000 Datensätze des BAMF beschlagnahmen lassen.
"Ich will wissen, wer genau im Land ist, und ich möchte mir, wenn etwas passiert in unserem Land, nicht vorwerfen lassen, dass ich nicht alles vorher hätte unternehmen können" sagte der brandenburgische Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg dem Sender rbb.
Rautenberg will die Daten und Identität der Asylbewerber in seinem Bundesland erneut prüfen. Dazu habe er den Leiter des BAMF, Frank-Jürgen Weise, persönlich zur Weitergabe der Daten aufgefordert. Allerdings verweigerte das BAMF die Herausgabe. Nun hat Rautenberg mehrere Gerichtsbeschlüsse beantragt, um die Datensätze des BAMF beschlagnahmen zu lassen.
Auch andere Bundesländer haben Pässe gefunden, die anscheinend zuvor bereits vom BAMF geprüft worden waren. Bayrische Fahnder hatten bei einer Stichprobe in Garmisch-Partenkirchen allein 19 gefälschte Pässe sicher gestellt.
Die Dunkelziffer ist laut dem bayrischen Innenministerium jedoch viel höher. In Mecklenburg-Vorpommern wurden unter 3.300 Pässen zuletzt 140 gefälschte syrische Papiere erkannt. Drei der gefälschten Identitäten ordnet man dem Umfeld des IS zu.
Seit Langem ist bekannt, dass ein Teil der seit 2015 zu Hunderttausenden nach Deutschland eingereisten Asylbewerber falsche Pässe bei der Registrierung vorlegte. Der größte Teil der Personen hatte überhaupt keine Dokumente bei sich. Spiegel Online titelte noch vor der großen Wanderungsbewegung am 1. März 2015: "Terrormiliz in Syrien: IS-Milizionäre erbeuten Tausende Blanko-Pässe".
"Jeder Fall eines mit falschen Papieren eingereisten Flüchtlings ist einer zu viel. Wir müssen wissen, wer bei uns im Land ist." erklärte der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka gegenüber der Funke Mediengruppe. Er verlangt eine Aufklärung von de Maizière: "Der Bundesinnenminister soll erklären, wie es dazu kommen konnte, dass beim BAMF offenbar nicht sorgfältig gearbeitet wurde".
Das BAMF selbst habe bisher 3.300 gefälschte Pässe identifiziert. Für die Inhaber blieb dies jedoch meist ohne Folgen, berichtet rbb.
"Wer verhindern will, dass Flüchtlinge unter Generalverdacht gestellt werden, der muss dafür sorgen, dass diejenigen erkannt werden, die unter falschen Angaben eingereist und hier aufhältig sind und von denen wir nicht wissen, mit welcher Absicht sie gekommen sind" beurteilt Rainer Wendt, Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft den Vorgang in einem Gastbeitrag für die "Huffington Post".
Wendt wirft dem BAMF vor, "vieltausendfach" auf Identitätsprüfung verzichtet zu haben, um möglichst viele Fälle zu bearbeiten und um damit politischen Willen zu erfüllen.
Auf Probleme die durch eine "Prozessbeschleunigung" entstehen, habe der Gesamtpersonalrat des BAMF bereits im letzten Jahr geschildert. Doch mit diesem sei die Führung des BAMF mittlerweile zerstritten und vor Gericht.
Wendt spricht von einer Führungskultur im Umfeld des BAMF-Präsidenten, die "von unerträglicher Arroganz und Ignoranz" geprägt sei, wie man sie "sonst nur aus den Vorstandsetagen einiger Großunternehmen kennt". Den Angestellten sei kein Vorwurf zu machen.
Die Führung des BAMF hätte der Bundesregierung rechtzeitig mitteilen müssen „Wir schaffen das nicht!", das wäre ehrlich gewesen so Wendt. Stattdessen habe man die Wahrnehmung der Realität konsequent verweigert, politischen Druck einfach auf die Beschäftigen weitergegeben und nach außen Erfolgsmeldungen verbreitet.
http://www.huffingtonpost.de/rainer-wendt/gefaelschte-paesse-fluechtlinge_b_12085930.html
http://www.n-tv.de/politik/Bamf-wehrt-sich-gegen-Pannen-Vorwuerfe-article18668521.html
http://www.rbb-online.de/politik/thema/fluechtlinge/brandenburg/2016/09/brandenburg-generalstaatsanwalt-daten-bamf.html