Grüne wollen mehr Einwanderung per Gesetz
Die Grünen wollen die Einwanderung fördern. Diese solle einfacher ablaufen und schneller in die deutsche Staatsbürgerschaft münden. Arbeitszuwanderer sollen auch ohne einen Arbeitsplatz, aber mit ihren Familien kommen dürfen. Dazu hat die Partei ein Gesetz entworfen.
Als Begründung für das neue Gesetz haben die Grünen die demographische Entwicklung und einen Fachkräftemangel in Deutschland genannt. Die deutsche Wirtschaft würde "im internationalen Wettbewerb um die Fachkräfte ins Hintertreffen zu geraten".
Jedoch gibt es laut Wirtschaftswissenschaftlern weder einen allgemeinen Fachkräftemangel, noch wird die demographische Entwicklung ohne Zweifel zu einem erhöhten Arbeitskräftebedarf führen. Vielmehr werde die zunehmende Digitalisierung der Arbeitsprozesse dazu führen, dass in Deutschland bald viel weniger Arbeitskräfte benötigt werden als es derzeit noch der Fall ist.* Dieser Widerspruch wurde jedoch nicht erläutert.
"Diejenigen die nach Deutschland kommen, um hier zu arbeiten" sollen nicht mehr "den Umweg über das Asylrecht nehmen müssen" erklärte Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen bei der gestrigen Bundespressekonferenz. "Einwanderung wird nicht als Problem gesehen, sondern ist erwünscht" und müsse "aktiv gestaltet werden", so der Mitverfasser Volker Beck. Das neue Gesetz leite einen "Paradigmenwechsel" ein.
Um mehr Einwanderung zu ermöglichen, solle eine "Talentkarte" eingeführt werden. Mit dieser sollen die "gut qualifizierten Fachkräfte mit ihren Familien" nach Deutschland kommen können – auch ohne den Nachweis eines Arbeitsplatzes. Sie sollen dann "ein Jahr lang ausprobieren" dürfen, ob sie in Deutschland einen Arbeitsplatz finden. Sofern das klappt, soll "ein schneller Zugang zu einem dauerhaften Aufenthaltsrecht" möglich sein. Sofern es nicht klappt, müsse im Härtefall "die Ausreisepflicht durch Abschiebung vollzogen werden", erläuterte der Grünen-Berater Prof. Thomas Groß.
Die derzeit übliche Vorrangprüfung für qualifizierte Bewerber soll grundsätzlich abgeschafft werden. Diese sei zu bürokratisch. Bisher schützt die Vorrangprüfung einheimische und EU-Bürger davor, dass eine Stelle an Zuwanderer vergeben wird, obwohl es vor Ort bereits geeignete Bewerber gibt.
Die Arbeitsmigration soll auch anderweitig erleichtert werden. "Wir alle kennen Fälle von gut qualifizierten Asylbewerberinnen und Asylbewerbern die eigentlich zu Einwanderern werden können. Das soll möglich sein", so Göring-Eckardt. Als Pfeiler eines neuen Einwanderungsrechtes soll zudem auch die Bildungsmigration ausgebaut werden.
Dass den Ländern, aus denen die Einwanderer kommen, nicht die dort benötigten Fachkräfte weggenommen werden, soll eine neue Kommission überprüfen und sicherstellen.
Während die oben erwähnte Vorrangprüfung also abgeschafft werden soll, soll an anderer Stelle eine Prüfungsinstanz installiert werden. Inwiefern diese nicht ebenfalls "bürokratisch" ist, darf gefragt werden.
Schließlich soll ein "dauerhafter Aufenthalt" in Deutschland einfacher möglich sein. Dazu müsse das Staatsangehörigkeitsrecht "liberalisiert" werden. Den zu viele Einwanderer würden jetzt noch vor einer Einbürgerung zurückschrecken, da sie sich für nur eine Staatsangehörigkeit entscheiden müssten. Das würde die "Attraktivität Deutschlands" derzeit einschränkten, so Thomas Groß.
Auch solle der Familiennachzug erleichtert werden, unter anderem, indem die Prüfung der Deutschkenntnisse abgeschafft wird. Grundkenntnisse der deutschen Sprache sollen also hier keine Voraussetzung mehr sein.
Hingegen sollen "Menschen die hier leben und sich hier aufhalten" laut Volker Beck "schnell Zugang zu Mitwirkungsmöglichkeiten bekommen".
Der Gesetzesentwurf der Grünen sei "erstmals ein ausdrückliches Bekenntnis dazu, dass Einwanderung erwünscht ist und gefördert werden soll".
* Das Märchen vom Fachkräftemangel
http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/das-maerchen-vom-fachkraeftemangel-a-1136647.html
* Der Fachkräftemangel ist ein Phantom
http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-03/fachkraeftemangel-als-phantom/komplettansicht
* Zuwanderung ist die falsche Strategie
http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/daniel-stelter-zuwanderung-ist-die-falsche-strategie-a-1109859-druck.html
* Eine "Studie der Oxforder Forscher Carl Benedikt Frey und Michael Osborne kommt zu dem Ergebnis, dass durch die digitale Revolution 47 Prozent der heutigen US-Arbeitsplätze gefährdet sind; in anderen westlichen Ländern dürften die Dimensionen ähnlich sein"
http://www.manager-magazin.de/politik/deutschland/a-1023603-druck.html
B'90/Grüne-Einwanderungsgesetz: Katrin Göring-Eckardt, Thomas Groß und Volker Beck am 04.04.2017
https://www.youtube.com/watch?v=yQ7p60bpnGg