Bienensterben: Penny schockt Kunden und macht Schlagzeilen
Da staunten die Kunden nicht schlecht: Denn gestern standen diese in einer Penny-Filiale bei Hannover vor weitgehend leeren Regalen. Die Supermarktkette hatte alle Produkte aus der Auslage genommen, die es ohne Insekten und ohne Insektenbestäubung nicht gäbe.
Toilettenpapier mit Kamillenblütenduft, Gewürze, mariniertes Fleisch, Furchtquark und viele andere Produkte fehlten. Gähnende Leere, statt Produktvielfalt beim Einkaufen. 60 Prozent der 2.500 verschiedenen Produkte waren betroffen.
Der überraschende Effekt war geplant gewesen, die Aktion dsehalb vorher nicht kommuniziert. Und das hat offenbar auch für die Medien funktioniert. Neben Tweets von Politikern haben viele Medien, von Klatsch- bis Computermagazinen sowie in- und ausländische Nachrichtenblätter gestern berichtetet und bei der Bekanntmachung der Aktion geholfen.
Olaf Lies, der niedersächsische Umweltminister, sei "Erschrocken" gewesen. "Die Konsequenzen eines ungebremsten Insektensterbens werden uns hier auf deutliche Weise vor Augen geführt."
Gerlind Lehmann, Professorin für Evolutionäre Ökologie an der Berliner Humboldt Universität erklärte gegenüber dem Focus, dass sich die Artenzahl der Insekten in den letzten 20 Jahren drastisch reduziert habe. Die Individuenzahlen seien sogar bis zu 70 Prozent zurückgegangen. Die Ursachen und die Folgen seien jedoch erst ansatzweise erforscht.
Das sieht Leif Miller, Bundesgeschäftsführer vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und Mitinitiator der Aktion bei Penny, anders: Schuld an der Verringerung der Insektenzahl sei die industrielle Landwirtschaft, mit ihrem Pestiziteinsatz sowie eingeebneten Ackerrandstreifen und Brachflächen.
Prof. Dr. Dr. Robin Moritz, Biologe und Ökologe an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, hingegen erklärte bereits vor einiger Zeit in einem Interview mit dem österreichischem Magazin "Profil", dass "bis zu einem Drittel aus vielerlei Gründen biologisch erklärbar" seien.
Auch der Leiter der "Arbeitsgruppe Bienen" am Institut für Zoologie der Universität Graz, Prof. Dr. Karl Crailsheim, ist vorsichtiger mit der Ursachenzuschreibung und sagte, dass "Großflächige Bienenverluste sind seit über 1000 Jahren bekannt" seien. Er und seine Mitarbeiter sehen für Probleme in der Bienenzucht ein ganzes Bündel von Ursachen verantwortlich, in deren Zentrum die Varroamilbe stehe.
Was die wirklichen Ursachen auch sein mögen: Für den Hinwies, was passieren würde, wenn die Insekten fort wären, hat Penny jedenfalls viel Aufmerksamkeit bekommen.
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https://www.focus.de/finanzen/60-prozent-der-insgesamt-2500-produkte-penny-raeumt-alle-von-der-insektenbestaeubung-abhaengige-produkte-aus-den-regalen_id_8935740.html
http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/bienensterben-penny-aktion-in-hannover-so-leer-waere-ein-supermarkt-ohne-bienen-a-1207703.html
https://www.profil.at/home/bienen-mythos-bienensterben-phaenomen-1000-jahren-362407