Siemens-Chef twittert und nagt an "Neutralität des Wirtschaftens"
Nicht zum ersten Mal hat sich Siemens-Chef Josef Käser öffentlich politisch geäußert und damit polarisiert. Doch, als Top-Manager eines Unternehmens darf er das gar nicht. Er richte damit Schaden an und fördere die Spaltung der Gesellschaft, so die Wirtschaftswoche.
Siemens-Chef Käser hat eine Twitter-Nachricht zur Festnahme der "Sea-Watch" Kapitänin Carola Rackete verbreitet. Dafür erntete er Lob und Kritik. Doch unabhängig davon, ob seine Meinung als inhaltlich richtig oder falsch einzuschätzen ist: Er darf es gar nicht, erklärt der promovierte Philosoph und Managementberater Reinhard Sprenger.
Manager repräsentieren Wirtschaftsunternehmen und verwalten Geld, dass ihnen nicht gehört. Öffentlich dürfen sie sich nur im Sinne ihrer Auftraggeber, also der Aktionäre äußern.
Wenn Manager ihre Bekanntheit und Position für politische Aussagen nutzen, sei das "übergriffig" und von Niemandem legitimiert. Dafür seinen in einer Demokratie gewählte Politiker da; für das Moralisieren die Kirche.
"Was Kaeser macht, ist ein massiver Loyalitätsbruch an unserer freien wirtschaftlichen Verfasstheit", kritisiert der Berater. Er habe die Interessen seiner Auftraggeber zu erfüllen, und keine "Glaubensbekenntnisse abzulegen".
Ob eine Meinungsäußerung und Positionierung vom Siemens-Chef, Haltung bedeuten und dem Konzern zu Profil verhelfen könne, dürfe schon gar keine Überlegung sein. Denn dann würde "Moral in Interessen umgegossen", das betreffende Thema also instrumentalisiert. Bei positivem Effekt würde dann der Nutzen für das Unternehmen privatisiert und die sozialen Kosten externalisiert, also der Gesellschaft überlassen.
Das Handeln von Siemens-Chef Käser trage vielmehr "zur allgemeinen Moralisierung" bei, die "sich in der westlichen Gesellschaft wie ein Spaltpilz ausbreitet".
Dabei müssen Unternehmen müssen neutrale Begegnungszonen sein. Die "Neutralität des Wirtschaftens" sei als hoher Wert anzusehen: Handeln und Tauschen schafft verbindende Begegnungen, die Neutralität im Wirtschaftsbereich ist somit "ein immenser Beitrag zur Friedensstiftung".
"Moralismus ist der Triumph der guten Gesinnung über die Gesetze des Verstandes. Dem sollten wir in der Wirtschaft keinen Raum geben", so Sprenger.